Weil sie lächelt… 09.November 1989

Es war an DEM denkwürdigen Tag vor 25 Jahren.
„K… hast du schon gehört…“, fragte mich meine Nachbarin, als sie mir spät abends im Treppenhaus entgegenkam. Ja, hatte ich kurz zuvor. War mir in dem Augenblick aber egal, da ich am nächsten Tag ohnehin, höchst offiziell, meinen Reisepass auf unserem VPKA (für Nicht-Ossis: Volksplizeikreisamt) abholen durfte um in den Westen zu fahren.
Im Oktober, zum Geburtstag meiner Mutter hatte man mir, nachdem ich 7 oder 8 Mal auf dem Amt war, dann doch noch die Ausreise in den Westen verweigert. Diesmal, zum Geburtstag meines Vaters, ich hatte zwischenzeitlich eine Eingabe an E. Honecker gemacht, sollte es aber klappen, wie ich vorab schon aus sicherer Quelle erfahren hatte. Beide hielten sich damals „Entgegen der Gesetzen der DDR im Ausland auf“. Im Klartext: Sie waren bei einer Reise in den Westen einfach „drüben“ geblieben.
Ich hatte an diesem Abend noch etwas Wichtigeres vor. Seit mehreren Jahren inserierte ich in unserer Sächsischen und einer weiteren, Überregionalen Zeitung. Gemeinsam mit einem guten Bekannten kauften wir damals Schilder und viele andere Dinge, welche sich wieder gewinnbringend verkaufen liesen auf. An diesen Abend sollte es ein RAMA Schild sein, welches mir jemand angeboten hatte. Für diejenigen, welche diese Zeit nicht erlebt haben: Es gab damals für uns kein Telefon, keine E-Mail und auch kein Internet… Frag mich heute noch, wie wir so überleben konnten…
Wir sind damals viele Kilometer durchs Land gefahren, oft umsonst, weil wir keine Termine abstimmen konnten und der Verkäufer dann nicht zu Hause war.
Ja, sehr spät am Abend war es dann soweit. Ich konnte die „Dame“ erstmalig begutachten.

ramagross

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Sehr groß zwar, aber in einem hervorragenden Zustand. Das schönste aber war der Kaufpreis:
50 Ostmark.
Sie diente bis zu diesem Zeitpunkt zum Abtrennen der Briketts in einem Keller.
Ich hatte damals relativ schnell die Entscheidung getroffen, dass sie einmal einen Platz in meiner Küche finden sollte. Leider ist dieses auf Grund der Größe nie geworden. Sie verschwand dann für die nächsten, fast 25 Jahre wieder in (m)einem Keller. Vor ein paar Monaten, ich hatte etwas gesucht, kam sie mir mal wieder ins Blickfeld. Mein Sohn hatte zwischenzeitlich eine Wohnung bezogen, bei der er eine Wand frei hatte und da hängt sie heute.
Als ich sie vor paar Tagen mal fotografieren wollte, ging ohne dass ich etwas tat, der Auslöser los und 4… 5 Bilder ratterten durch. Beim 2. Mal dasselbe, 3. Versuch Foto hinhalten und sofort löste er 4… 5 Bilder wieder von allein aus. Als ich es meinen Sohn sagte, nahm er kurz mein Handy in die Hand, schaute drauf und sagte:

Weil sie lächelt…

Bernd

19 Gedanken zu „Weil sie lächelt… 09.November 1989

  1. schilderdani

    Nette Story,super schönes Schild!
    Am Rande sei bemerkt,das auch im Westen 1989 noch lange nicht jeder Internet hatte….ich z.B. 😉
    Das es aber 1989 im Osten noch kein Telefon gab ist mir neu…..

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    1. bernd

      Hallo Schilderdani,
      wir hatten im Osten, zumindest wenn man nicht bei der Stasi oder Parteibonze oder sonst wie privilegiert war kein Telefon. Ich hab meins erst ca. 1995 bekommen. Außerdem hatten wir selten Bananen. Radeberger Pils hatten wir, obwohl es hier gebraut wurde, auch nicht, denn das wurde nach den Westen geschickt. Und dann hatten wir in Dresden auch kein Westfernsehn. Aber dafür war der erste Deutsche im All ein OSSI. Und die OSSI’s habe Euch 1974 bei der Fußball WM geschlagen. Da kann man doch auf ein Telefon verzichten… 😉

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  2. reklamemuseum

    Schilderdani…du scheinst noch ganz jung zu sein….
    Zur Wende gab es nur in 11 von 100 Haushalten überhaupt ein Telefon in der DDR.
    Mir hat der Artikel insofern aus der Seele gesprochen, als dass meine Eltern 1976 ein Erdal-Rex Schild im Keller unserer Altbauwohnung im Prenzlauer Berg hat hängen lassen, weil beim Umzug in eine neue Plattenbauwohnung nicht mehr so viel Platz vorhanden war…Wer das selbst mitgemacht hat, weiß warum…die Zimmer waren kleiner, dafür der Komfort meist höher als im typischen Altbau von damals. Meine Recherche nach der Wende hat ergeben, dass der Nachmieter gleich 1976 das schöne runde Teil einfach auf dem Sperrmüll entsorgt hatte… hätte ich mich damals schon als Kind für die schönen bunten Teile interessiert, wäre dem Frosch sicher ein besseres Schicksal zuteil geworden.
    Der 9. November scheint ein guter Anlass zu sein, sein Wissen über bunte Emailschilder um allgemeines Geschichtswissen zu erweitern…kann ja nicht schaden.

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    1. schilderdani

      Meine Freunde nennen mich manchmal „alter Sack“,ich kann also so jung nicht mehr sein 😉
      Aber über die damaligen Lebensverhältnisse der Ostdeutschen weiß ich wirklich nicht soviel,das muß ich zugeben….
      Und das mit dem Telefon macht mich sprachlos….

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  3. Marco

    Das ist in der Größe und in der Version ohne H und mit ButterFEIN dann das erste Schild, dass ich bislang gesehen habe. Kannte bislang diese Größe nur in der Buttergleich-Variante mit H.

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  4. Börse DOTTIKON

    Schöner Bericht, danke!
    Dass in der DDR nur jeder zehnte über einen Telefonanschluss verfügte, ist für mich auch neu und es ist kaum zu glauben, wie rückständig dieses Land war.

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  5. Bernd

    Hab zum Thema Telefon mal Wikipedia befragt: 1989 waren lediglich 17,2 % der Haushalte mit einem Telefonanschluss ausgestattet. Bevorzugt erhielten Ärzte, Polizisten und Mitarbeiter des MfS einen privaten Telefonanschluss. Ich verbürge mich nicht für die Zahlen. Persönlich kannte ich jedoch kaum jemand, der über eins verfügte.

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  6. www.schilderjagd.de

    Toller Bericht. Für die große Rama Frau kann man doch mal den Mauerfall vergessen an dem Tag 🙂 Ja was ich so gehört habe und nach Erinnerungen gab es Gemeinden mit nur einem Telefon in der DDR bis 1989. In Russland gab es gar kein Telefonnetz in Regionen so groß wie die Schweiz, Österreich und Deutschland zusammen wozu auch ??? Es gab doch Funkgeräte und das gute alte Telegramm das funktionierte auch immer und die Schlittenhunde waren auch ziemlich schnell….ich würde behaupten 50% der heutigen Telekommunikationsinhalte sind Datenmüll oder Daten für bestimmte Überwachungsvereine/leute.

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    1. Börse DOTTIKON

      Jens, ich würde den Datenmüll in Prozenten eindeutig höher als 50 einstufen, insbesondere seit die Handywelle uns erfasste.
      Aber dass es in einem zivilisierten, europäischen Land im Jahre 1989 in den Haushalten zu einem überwiegenden Teil keine Telefone gab, ist schon sehr erstaunlich. In Westdeutschland und in der Schweiz war es eher die Ausnahme über keinen Telefonanschluss zu verfügen.

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  7. veithwerke

    Nun möchte ich mich auch als OSSI anschließen.Super Geschichte!
    Mein Sohn(24),der mich letzte Woche zum Opa gemacht.war den ganzen Sommer über beschäftigt den oberen Teil des Hauses für die künftige Familie auszubauen,war 1 Woche vor der Geburt damit fertig.
    Mein Einweihungsgeschenk für die Sitzecke und nur das!(wurde vorher einstimmig genehmigt).Mein bestes MAGGI in 93×47,Zustand 1+,war es mir wert.So können wir uns alle am generationsübergreifenden Schmuckstück erfreuen…

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