Ein in großen Teilen wahres Märchen.

Vor etwas 110 Jahren machte sich ein kleines Mädchen auf den Weg zu ihrer Großmutter. Sie hatte blonde Haare, rote Bäckchen, trug ein weiß-blaues Kleid, schwarze Schuhe, rote Socken, ein rosafarbenes Tüchlein um den Hals und hatte (ähnlich wie Rotkäppchen) eine rote Kopfbedeckung unter dem Kinn verknotet.

Sie hatte sich auf schlechtes Wetter eingestellt, denn sie trug einen großen Regenschirm bei sich. Ihre Kleidung glänzte und strahlte so unfassbar, dass man es schon von sehr weit weg gut erkennen konnte.

Das Mädchen war einer recht wohlhabenden Hamburger Unternehmerfamilie zugehörig, wirkte freundlich und durch einen stattlichen Korb, den sie ihrer kranken alten Großmutter bringen wollte, auch recht fleißig. Tag für Tag machte es sich auf den Weg. Immer gleich bekleidet, immer mit Schirm und Korb ausgestattet und stets gepflegt und ordentlich wirkend.

Trotz all dieser positiven Eigenschaften fiel sie förmlich von heut auf morgen in Ungnade. Höchstwahrscheinlich fanden es die Menschen in den Kriegsjahren 1914 bis 1918 einfach unangemessen mit so herrlich strahlender und farbenprächtiger Kleidung aufzuwarten. Es könnte auch an ihrem stets gut gefüllten Korb gelegen haben, der bei vielen Menschen in Zeiten der Not gar nicht gern gesehen war.

Das hübsche Mädchen wurde von dort an mit Missachtung gestraft. Ihre Kleider nicht mehr gewaschen und sie selbst in eine Art Abstellkammer gesperrt. Ein Grund dafür, dass sie über die Jahre ihre bezaubernde Ausstrahlung verlor, könnte auch ihre Trauer darüber gewesen sein, dass sie ihrer Großmutter urplötzlich keinen Kaffee mehr bringen durfte. Dieser war es nämlich ausnahmslos, der sich in ihrem Korb befand.

Sie machte schwere Zeiten durch und erlebte voller Angst auch den gesamten 2. Weltkrieg mit. Zum Glück blieb ihr Elternhaus von den unzähligen Bomben verschont. Bis 1989 lebte sie völlig einsam und zurückgezogen als Staatsbürgerin der DDR; jedoch ohne jemals der SED beigetreten zu sein.

Man könnte vermuten, dass sich das kleine Mädchen direkt nach der Wende auf den Weg in die Freiheit gemacht hätte, um sich an Bananen und vielleicht sogar Starbucks zu erfreuen. Doch weit gefehlt: Das blonde Mädchen blieb weiterhin in der für sie vorgesehenen Abstellkammer, ernährte sich ausschließlich von Liebig Fleischextrakt und wurde, da sie sich nicht waschen konnte (zumindest oberflächlich betrachtet), von Tag zu Tag unansehnlicher.

Doch im Februar 2016 sollte sich die Situation der kleinen Lady plötzlich und schlagartig verändern.

Unterstützt durch nette Menschen aus ihrem direkten Umfeld (Im weiteren Verlauf des wahren Märchens „Großenkel“ genannt!) traute sie sich nun endlich aus ihrer Abstellkammer heraus. Sie wischte sich den schlimmsten Dreck aus dem Gesicht und schüttelte sich Teile des gut 100 Jahre alten Staubs aus Haaren & Bekleidung. Besorgt blickte sie in den Spiegel, um selbst zu sehen in welchem Ausmaß die langen harten Jahre der Einsamkeit ihr zugesetzt hatten.

Ganze fünf kleine Pickel und eine winzige Abschürfung sprangen ihr ins Auge. Ihr anfängliche Begeisterung schlug schnell in Besorgnis um, denn bei einem Blick auf ihre linke Hand verschlug es ihr plötzlich den Atem. Was zunächst nach einem üblen Lochfraßgeschwür aussah, entpuppte sich bei genauerem Hinsehen allerdings als harmloses Muttermal, das sie schon seit Geburt ihr eigen nannte.
Die Sorgen des eitlen Mädchens waren also zum großen Glück völlig unbegründet und deshalb auch sehr schnell wieder verflogen.

Trotz der über Jahre sehr einseitigen Ernährung war sie nicht aus der Form geraten. Selbst die Spannkraft ihrer Haut war angesichts des stattlichen Alters einfach nur erstaunlich.

Es lag und liegt die Vermutung nahe, dass Liebigs Fleischextrakt ihr nicht nur die ewige Jugend geschenkt, sondern ihr sogar durch seine unglaubliche Nahrhaftigkeit die Lebensfreude bewahrt hatte. (Ein im wahrsten Sinne des Wortes glänzendes Produkt!)

Trotz ihres hohen Alters fand sie sich optisch so ansprechend, dass sie von ihren „Großenkeln“ eine Kontaktanzeige mit Bild für sich schalten ließ. In dieser war Folgendes zu lesen:

„Hübsches altes Mädchen mit bürgerlichen Nachnahmen; einer feinen Hamburger Kaufmannsfamilie entsprungen und mit liebreizenden Äußerem ausgestattet, sucht neues ruhiges Zuhause in dem es gut behandelt und dauerhaft wertgeschätzt wird. Grundbedingung: Nähe zu einer Stadt mit markenunabhängiger Fußball-Bundesligamannschaft.

Zahlreiche Adoptiveltern wollten sich dem
Mädchen annehmen, doch ihre Liebe zum norddeutschen Schmuddelwetter (sie hat über all die Jahre ihren Schirm nie aus der Hand gelegt) gab letztlich den Ausschlag für ihre Entscheidung.

Nach einem kurzen Kennenlerngespräch mit mir, verabschiedete sie sich von ihren „Großenkeln“, ließ diesen noch ein schönes Taschengeld da, und stieg furchtlos zu mir ins Auto. (Was kleine Mädchen ja eigentlich niemals machen sollen!)

In ihrem neuen Zuhause angekommen, sprang sie zunächst einmal unter die Dusche, um sich vom Dreck der vergangenen 100 Jahre endgültig & vollständig zu entledigen. Frisch abgeseift begannen die wenigen Pickelchen und die kleine Abschürfung auf ihrer Haut schon zu verblassen. Sie verzichtet bis heute auf teure Cremes und Öle, da sie die Auffassung vertritt, dass sie diese nicht nötig habe.

Es werden zwar Mini-Narben an ihrem Körper dauerhaft sichtbar bleiben (zumindest unter Verwendung von technischen Hilfsmitteln zur Optimierung der Sehschärfe), aber auf einen Besuch bei einem berühmten Berliner Hautarzt oder einem in Krefelder ansässigen Schönheitschirurgen kann zum Glück verzichtet werden.

Auch eine zeitnahe Verlegung in ein Altenheim kommt nicht in Betracht. Zumindest so lange nicht, wie ich dort nicht auch wohnhaft bin!

Jacob-Wilhelm Grimm

Die Nahrung

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Der Pickel vor dem Duschen

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Das Muttermal

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Verblasste Abschürfung nach ausgiebiger Dusche

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Von einseitiger Ernährung nichts zu sehen

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Weder Altenheim noch Schönheitschirurg nötig. Drei Beweisfotos!

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23 Gedanken zu „Ein in großen Teilen wahres Märchen.

  1. Eure**************

    Das Schild war bei ebay Kleinanzeigen , Gratulation. Fehlt mir auch noch in meiner elitären Highend Sammlung.

    Grüße von einem der Macher.

    Antworten
    1. Börse DOTTIKON

      Ich muss wohl in Zukunft vermehrt die Kleinanzeigen studieren …
      Nette Geschichte, packend erzählt, passende Vergleiche und Anekdoten … und das Schild ist der Hammer.
      Wie sagte unser Busch-Hofnarr: Neid ist die ehrlichste Anerkennung (o.ä.).

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  2. keek

    Chapeau, Top Schild mit dazugehöriger Story, sehr schön erzählt, wer hätte diese Granate nicht auch gerne in Empfang genommen. Glückwunsch dem neuen Besitzer

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  3. bengun

    Glückspilz … und für ein Taschengeld? Dann macht das Schild um so mehr Freude finde ich. Danke fürs Zeigen. Irgendwann bin ich mal dran…. weisse Dame ist mein Traum.

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  4. sammler1968

    Herzlichen Glückwunsch,
    ich habe sie schon etwas schlechter und wollte es austauschen hatte 3000 Geboten war anscheinend doch etwas wenig:)

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  5. reklamemuseum

    Herzlichen Glückwunsch!!
    Sehr schön!
    Und bitte nicht böse sein dass ich die Verkäuferin ermutigt habe, das Schild erst dann wegzugeben, nachdem die 5 deutlich überschritten war.
    Die jungen Leute in Sachsen-Anhalt und der neue Besitzer haben allen Grund zur Freude!
    Danke fürs Zeigen nach der großen Wäsche und der schönen Geschichte.
    Hoffentlich verschwindet das Mädchen nicht in einer großen Lagerhalle, sondern darf eine Wand schmücken.

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    1. ThomasH

      @reklamemuseum ?? Das heißt der Preis wurde hochgetrieben ohne eigenes Kaufinteresse oder Geld zu haben ? Nach dem Motto “ Was ich nicht haben kann, sollen andere gefälligst teuer bezahlen ? Oder wie ist das zu verstehen ? Ich habe das Schild nicht gesehen … Frage nur.

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  6. reklamemuseum

    keine Panik – Nein, es gab wirklich wahnsinnig viele Interessenten -echte Interessenten.
    Ich gehörte nicht dazu, da mir Thematik Hamburg zu weit weg ist.
    Hab mich da komplett rausgehalten.
    Ich bin nur am Anfang gefragt worden „was tun“?
    Denn da kamen so skurrile Angebote wie „wollen Sie nicht gegen ein anderes Schild tauschen“?
    Das geht gar nicht.

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    1. schilderfritze

      trotzdem nicht wirklich coole aktion, schön anderen in die suppe gespuckt! und warum fragt sie dich am anfang, den jenigen der sich doch sooo „raus gehalten“ hat ?! versteh ich nicht ! absolut sinnlose aktion!

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      1. hofnar

        moin reklamemuseum!

        bin nach deinem ersten kommentar 18:21 erstmal frische luft schnappen gegangen um wieder runter zu kommen.

        dann dein zweiter kommentar.

        mein hals wird dicker statt dünner.

        m.e, geht man(n) NICHT mit solchen hintergrundinformationen zum posen „über die dörfer“und macht in der öffentlichkeit den käufer zum vollhonk!

        die schilderjagdseite hat im schnitt 4.000 leser pro tag!

        sei froh, das ich nicht der käufer war ,sonst wär mein kommentar vom webmaster gelöscht worden.

        hofnar

        Antworten
  7. Maria Kanka

    Hier die Großenkel,
    wir freuen uns wahnsinnig, dass unser Mädchen so geschätzt wird und ein so schönes zu Hause gefunden hat und sind ihr dankbar, dass wir teilweise sehr nette und ehrliche Menschen kennengelernt haben.

    Und wie im wirklichen Märchen hat das Gute gesiegt und der Wolf das kleine Mädchen nicht bekommen 🙂

    lg an alle Kontakte

    Antworten
  8. uwe

    3.000 wäre ein Schnäppchen gewesen, 5000 plus X sind ein guter Preis für beide Seiten, bei einer Börse oder auf dem Parkplatz einer Auktion sicher zwischen 8.500 und 12.000 (je nach Anbieter).

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  9. bengun

    Ich bin neu aber so langsam könntet Ihr die Kirche im Dorf lassen. 5000- 12000 ? Was hat das alles noch mit sammeln und Schilderjagd zu tun ? Dann könnte man ja Schilder auch beim Handel kaufen oder bei den ebay Händler zb. Fanta Kernseife für 1500. Versteh einer die Welt?

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    1. schilderfritze

      für gute sachen wird halt auch gutes geld bezahlt, eigentlich ganz einfach oder? ein meyers mädchen gibt es halt nicht bei aldi an der kasse 😉

      Antworten
  10. Marco

    Ich finde den Artikel und das Schild wirklich gut. Diese ganze Werte- und Preisdiskussionen aber eher blöd. Das geht mir aber häufig so. Aber egal. Wenn der Fleck an der Hand wirklich ein Produktionsfehler und kein Abplatzer ist, weshalb hat das Schild damals so die Fabrik verlassen dürfen? Wieso hat kein Qualitätsprüfer damals ein Überemaillieren veranlasst? Ging das technisch nicht? Das würde mich persönlich als Nachwuchssammler interessieren. Große Teile ganzer Dapol-Indianer wurden doch damals überemailliert. Oder? Wieso dann so ein zentraler und offensichtlicher Mangel nicht? Hatten eigentlich alle dieser Schilder die dünne Goldschrift oben links? Ist mir vorher beim Blättern in den ganzen alten Katalogen auch nie aufgefallen.

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  11. uwe

    @ bengun – Dein erster Halbsatz sagt alles! Aber da du dich ja schon auf die Schatzinsel beziehst, wenn du mal einen solchen Schatz findest, melde dich gern bei mir. Das Meyers Kaffeemädchen in dem Zustand für 5.500.-€ kaufe ich sehr gern!
    @ Marco – Schön, wenn du es nicht nötig hast, über Preise zu sprechen. Ich finde sprechen über Werte und Preise sehr sinnvoll und notwendig und es eher blöd darüber nicht zu sprechen. Ich werde häufig per Email gefragt, was dieses oder jenes Schild wert ist und gebe dann auch nach Möglichkeit Auskunft.

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