DIE ZUFÄLLIGE JAGD NACH MAJA

Die Pfade in die Jagdgründe.
Wenn ich jeweils einen Weg über hunderte von Kilometern unter die Räder nehme, um an einer Auktion oder Börse teilzunehmen, ist es mir ebenso wichtig, die vielen sympathischen Sammler zu treffen oder vorab gute Bekannte besuchen zu dürfen … in der Hoffnung, dass sie mich auch gerne empfangen.
Kürzlich war dem wieder so, ich hatte abgemacht in einer mittelgrossen, traditionsreichen Stadt. Und da möchte ich kurz ein Loblied auf die Navi-Technik los werden, die mich jeweils problemlos durch das Strassen-Wirrwarr führt, punktgenau zur eingegeben Adresse. Wie fand ich das früher bloss mit einer Stadt-Karte? Mit Anhalten, mit Rückwegen, Einbahnstrassen, Umleitungen – ich kann mir das gar nicht mehr vorstellen!

Die Wohnung der Träume.
Ich parkierte in einem Stadtquartier, welches im ersten Viertel des letzten Jahrhunderts entstanden sein dürfte, drei- bis vierstöckige Gebäude mit Backsteinfassaden und den damals noch üblichen drei Meter hohen Räumen. Die Wohnung war sehr geschmackvoll renoviert und eingerichtet, gekonnt modern mit alt kombiniert. Und die weissen Wände waren mit Emailschildern wunderbar geschmückt, mit Schildern, bei deren Anblick mir das Wasser im Munde zusammen lief – und sie sind so präsentiert, wie ich es liebe, nicht überladen, mit viel Raum.
Natürlich hatten die Bewohner in einer Abstellkammer auch ein kleines „Verkaufslager“, welches ich gespannt durchblätterte. An einer Wand lehnten etwa ein halbes Dutzend grossformatige Email- und Blechschilder. Schon auf den ersten Blick erspähte mein geübtes Auge ein Exemplar durchblitzen, welches zu meinen Träumschildern zählt; ich berichtete hier bereits einmal über eines, aber nur spasseshalber *.

Der ewig ökonomische Aspekt.
Wie bei den meisten Sammlern ist bei mir die finanzielle Lage permanent angespannt, oder gar ausgeschöpft. Ich fragte aber trotzdem schüchtern, ob ich das Exemplar freilegen dürfe, einfach um es anzuschauen, man sieht so eines nämlich nicht alle Tage. Da stand es nun, ich streichelte das tiefe Relief und wir genossen den Anblick, so wie andere ein Fernsehprogramm schauen. Man liess mich dann alleine in meiner Welt der Träume und die Gedanken in meinem Kopf überschlugen sich. Irgendwann musste ich jedoch zurück in die Wirklichkeit und ich erdreistete mich, die Frage zu stellen, wo denn das Schild preislich anzusiedeln sei?

Die Freude über ein neues Schild.
Nun, um die Sache etwas abzukürzen, wir verhandelten relativ kurz und freundschaftlich, ein Schild wurde noch an Zahlung genommen, beide waren einverstanden, Handschlag! Wir besuchten danach ein italienisches Restaurant und ich wählte ein günstiges, aber hausgemachtes „Tortellini alla panna“, (weil ich ja nun sparen muss … smile), es schmeckte mir vorzüglich. Frisch gestärkt, war dann der Transport des schweren Dings über die Treppen auch kein Problem mehr.

Allgemeines über MAJA.
Die Gestaltung von Ludwig Kübler ist für mich sehr anmutig, sie sagt mir mehr zu, als die gleichaltrigen, naiven Motive (um 1900). Die bläulichen Farben sind nicht schreiend und sehr schön aufeinander abgestimmt, und voll erhalten. Alles ist schabloniert. Stellenweise ist das Schild restauriert, wie alle fünf bis sechs bekannten Exemplare (mit einer Ausnahme). Die Wölbung ist extrem tief, mit leicht auslaufendem Rand. Ca. 80 x 125 cm. Siehe auch Maurer-Katalog, Seite 14; Dorotheum 2. November 1994, Pos. 533; Zacke Auktion 18. Juni 1996, Seite 57.

* http://www.schilderjagd.de/fellbach-4-spaetlese/#comments

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15 Gedanken zu „DIE ZUFÄLLIGE JAGD NACH MAJA

  1. gerd

    Schönes Schild, gefällt mir. Kann mir gut vorstellen, was in Dir vorging als Du es in den Händen hielts und dein Eigen nennen konntest….Glückwunsch…

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  2. Börse DOTTIKON

    Vielen Dank Gerd und Keek für die Mitfreude!
    Das Schild ist ein Paradebeispiel jener Emailschilder, welche – auch für Abgebrühte – in natura 10mal imposanter wirken, als jede Abbildung.

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  3. Wolf

    Sehr schönes Highlight! Und das Ganze noch verpackt in eine gute Geschichte mit allen Emotionen, die damit verbunden sind. Guter Artikel, der beim Lesen Freude macht!

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  4. German Pickers - Manu

    Gut geschriebener Bericht – aber vor allen Dingen: Suuuper Schild!
    GRATULATION! Das waren wohl die besten Tortellini alla panna deines Lebens… 😉

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    1. Börse DOTTIKON

      Haha, danke Manu!
      Du kennst als Sammler dieses unbeschreiblich gute Gefühl wahrscheinlich auch, wenn man sich gerade einen Traum erfüllt hat. Die Tortellini waren übrigens auch objektiv bestens …
      Eigentlich wollte ich an die Auktion nach Friedrichsdorf, fuhr dann auch hin, aber das Pulver war bereits verschossen … so ist das halt manchmal.

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  5. Börse DOTTIKON

    Danke auch herzlich Jens und Wolf!

    Und danke auch an den Kunstfreund: Als beruflicher Texter fällt mir die Schreiberei relativ leicht und ja, es fiel mich auch plötzlich auf, dass das für einen Blog recht lang ist, weshalb ich den Abschnitt über die „Verhandlung“ eher kurz hielt. – Das Schild ist extrem selten und ich vermute, es ist eines jener Exemplare, die bereits bekannt sind, u.U. ist es jenes, welches 1996 in Wien versteigert wurde.

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  6. mrgrinton

    Puh, Hammer, das Ding an der Wand, und Ringsherum…….nichts………das reicht,; iss´n Traum, Herzlichen Glückwunsch auch von mir.
    Gruß
    Andreas

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  7. Falk

    Glückwunsch auch von mir, ich durfte das Schild vor über 30 Jahren in Osnabrück
    bei der Ausstellung „Blechpest oder Emailkultur“ in live bewundern. Traumhaft schön.

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  8. Nick

    Das ist ja ultra selten.
    Sehr, sehr schön!!! GRATULATION
    Darf man fragen wo restauriert wurde?
    Falls Du dessen überdrüssig wirst, kannst es immer noch als Badewanne benützen…

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  9. Börse DOTTIKON

    Dankeschön auch an Falk und Nick!
    > Nick. Ja, es sind nur etwa fünf bis sechs bekannt, aber vielleicht schlummert das eine oder andere Exemplar noch irgendwo. Unsere Emailschilder sind ja ohnehin überaus selten. Man stelle sich vor, eine alte Briefmarke (o.ä.) in dieser Seltenheit, sie wäre ein Vermögen wert. Bei uns gilt ein Schild, welches 100x vorhanden ist, bereits als „Posten“. – Es wäre etwas aufwändig genau zu beschreiben, wo das Schild restauriert ist, sicher zwei Ecken und sonst da und dort, aber praktisch nicht im Motiv. Bis auf ein Exemplar sind sie alle in etwa in diesem Zustand, u.a. auch jenes, welches vor zwei Jahren in Fellbach angeboten wurde. Für null-Sammler ist das nichts … … als Badewanne? Da wäre es wohl doch etwas zu wenig tief … smile … aber vielleicht als Woggschale in den Schnee …

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  10. Börse DOTTIKON

    Von einem Sammler aus dem Norden Deutschlands erhielt ich folgende Information:
    Gestalter dieses Motivs ist nicht wie bisher angenommen Ludwig Kübler sondern
    HANS VON HEIDER
    Maler, Grafiker, Keramiker, gest. 1867 München, gest. 1952 Ulm
    Herzlichen Dank an Martin!

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